Nicht zu viel Ehrgeiz beim Sport

Intensiver Sport kann eine Gefahr für die Gelenke sein. Hobbysportler und Senioren sollten besser sanft anfangen und Bewegungsabläufe gezielt trainieren, empfiehlt der Sporttraumatologe Dr. Kai Ruße, Chefarzt der Klinik für Arthroskopische Chirurgie und Sporttraumatologie am Krankenhaus St. Josef  in Wuppertal.

Skifahren, Fußball spielen oder einfach ein Waldlauf – passieren kann immer etwas, und die Bänder in Knie, Schulter oder Handgelenk sind empfindlich. Dr. Kai Ruße. behandelt regelmäßig Sportverletzungen und Überlastungsschäden. „Wir sehen zunehmend schwere Verletzungen“, erzählt er aus der Praxis. Viele Sportarten sind schneller und dynamischer geworden. „Früher sind die Fußballer auf nassem Rasen ausgerutscht, heute verdrehen sie sich das Knie oder das Sprunggelenk.“

Hilflos ausgeliefert ist man diesen Risiken jedoch nicht. Nicht nur engagierte Sportler können durch gezieltes Training ihr Verletzungsrisiko reduzieren. Auch Hobbysportler tun sich mit langsamer Leistungssteigerung einen Gefallen. Schließlich macht sportliche Betätigung nicht nur Spaß, sondern wirkt sich in vielerlei Hinsicht positiv auf die Gesundheit aus. Bewegung jeder Art kräftigt die Muskeln und fördert die Koordination. Das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen sinkt, die Durchblutung wird verbessert. Sinnvoll ist jedoch ein regelmäßiges Training. Wer sich plötzlich zu sportlichen Hochleistungen pusht, gefährdet seine Gelenke.

Auch Männer müssen zum TÜV

Männergesundheit ab 50: Vorsorge und Früherkennung sollten eine Rolle spielen

„Wir erleben leider immer wieder, dass Männer zu uns kommen, die nie daran gedacht haben, dass eine Erkrankung, wie beispielweise der Prostatakrebs, sie selbst betreffen könnte“ sagt Dr. Petra Stamm, Chefärztin der Klinik für Urologie am Heilig Geist-Krankenhaus in Köln. Während Frauen durch die jahrelangen und regelmäßigen Besuche bei ihrem Frauenarzt für das Thema Krebsfrüherkennung eher sensibilisiert sind, besuchen Männer bis zu ihrem fünfzigsten Lebensjahr viel weniger häufig einen Hausarzt, geschweige denn regelmäßig einen Facharzt. Eher werde das Auto jährlich zur Inspektion gebracht, als daran gedacht, den eigenen Körper durchchecken zu lassen, so die gängige Annahme.  Dabei ist es die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Jährlich erkranken in Deutschland rund 57.370 Männer neu daran. Ebenso wie bei vielen anderen Krebserkrankungen kann diese Krebsart in einem frühen Stadium in der Regel aber sehr gut behandelt werden.

Sport am Abend verursacht keine Schlafprobleme

Es ist ein bekannter und oft wiederholter Ratschlag, auch von Schlafforschern: Abends kein Sport. In dieser allgemein gehaltenen Form ist der Ratschlag nicht haltbar, sagen Forschende am Institut für Bewegungswissenschaften und Sport der ETH Zürich. Die Wissenschaftler analysierten alle zum Thema gemachten Studien. Ihr Fazit lautet: Grundsätzlich beeinflusst Sport innerhalb von vier Stunden vor dem Zubettgehen den Schlaf nicht negativ. „Wenn Sport am Abend überhaupt einen Effekt auf die Schlafqualität hat, dann sogar eher einen positiven“, sagt Christina Spengler, Leiterin des Labors für Human- und Sportphysiologie.

In Nächten nach einer abendlichen, sportlichen Tätigkeit verbringen die Versuchsteilnehmer im Schnitt 21,2 Prozent ihrer Schlafzeit im Tiefschlaf. Nach Abenden ohne Sport waren die Teilnehmer nur während 19,9 Prozent der Schlafzeit im Tiefschlaf. Der Unterschied ist zwar gering, aber statistisch erhärtet. Die Tiefschlafphasen sind besonders wichtig für die körperliche Erholung.

Spezialfall spätes intensives Training

Sehr intensives Training innerhalb einer Stunde vor dem Schlafengehen ist allerdings ein Spezialfall. Dies ist die einzige in der Analyse gefundene Form von abendlichem Sport, welche möglicherweise den Schlaf negativ beeinflusst. „Allerdings beruht diese Beobachtung vorläufig nur auf einer einzigen Studie“, sagt Spengler. „Als Faustregel gilt ein Training als intensiv, wenn man währenddessen nicht mehr in der Lage ist zu sprechen. Bei einem moderaten Training kann man nicht mehr singen, jedoch noch sprechen“, erklärt Spengler.

Wie die Analyse zeigt, brauchten die Versuchsteilnehmer nach intensivem Training kurz vor dem Zubettgehen länger bis sie einschliefen. Die Studie lieferte auch einen Hinweis, weshalb dem so ist: Die Versuchspersonen haben sich in der Stunde vor dem Zubettgehen nicht ausreichend erholt; ihre Herzfrequenz war immer noch um mehr als 20 Schläge erhöht.

Mögliche Schlafprobleme sind keine Ausrede

Nach offiziellen Empfehlungen von Sportmedizinern soll man mindestens 150 Minuten pro Woche zumindest moderat bewegen. Viele dürften sich fragen: Soll ich, wenn ich während des Tages nicht dazugekommen bin, am Abend noch Sport treiben, oder schlafe ich dann schlechter? „Man kann dies bedenkenlos tun. Aufgrund der Datenlage spricht nichts dagegen, sich abends moderat zu bewegen“, sagt Jan Stutz, Doktorand in Spenglers Gruppe. In keiner der untersuchten Studien verursachte moderates Training Schlafprobleme. Auch dann nicht, wenn das Training bloß 30 Minuten vor dem Schlafengehen endete. Dass Sport am Tag die Schlafqualität verbessert, ist allgemein bekannt. „Wir haben nun gezeigt“, so Spengler, „dass sich auch Sport am Abend zumindest nicht nachteilig auswirkt.“                        (ETH Zürich)

 

Darmflora kann Krankheiten heilen

Prof. Dr. Andreas Erhardt, Chefarzt der Gastroenterologie im Petrus-Krankenhaus, hat in Wuppertal ein Mikrobiota Meeting veranstaltet. Neun Wissenschaftler und Ärzte aus ganz Deutschland referierten dort über den aktuellen Forschungsstand zur Darmflora. Vitamin W sprach mit ihm über die neuesten Erkenntnisse. Hier ist das Interview:

Was ist das Mikrobiom genau?

Prof. Dr. Andreas Erhardt: Als Mikrobiom versteht man die Gesamtheit aller Bakterien, Phagen (Viren) und Pilze, die wir im Darm tragen. Wir begreifen zunehmend das Mikrobiom als eigenständigen „Organismus“.

Das Mikrobiom hat eine größere Bedeutung für die Gesundheit als bisher angenommen?

Prof. Erhardt: In der Summe haben wir 100 Billionen Bakterien bei uns im Darm. Diese 10 000 Arten von Bakterien produzieren 100 Mal mehr Stoffe als unser Körper, und die können in unseren Kreislauf übergehen. Das spielt natürlich eine Rolle. Und diese Bakterien haben 300 Mal mehr Gene als der Mensch. Wir vererben also nicht nur unsere Gene an unsere Kinder, sondern auch die Gene unserer Darmflora, unser Mikrobiom.

Was gab es für neue Erkenntnisse bei der Tagung?

Prof. Erhardt: Thrombose und thrombo-embolische Komplikationen hängen ganz wesentlich von der Zusammensetzung unseres Mikrobioms ab. Die Mikrobiom-Zusammensetzung hat einen großen Einfluss auf den Faktor VIII, der die Blutgerinnung steuert. Das spielt auch eine Rolle bei koronaren Herzerkrankungen und Arteriosklerose.

Heißt das, dass man durch die Zuführung bestimmter Darmbakterien solche Krankheiten verhindern kann?

Prof. Erhardt: So kann man das noch nicht sagen. Im Augenblick wissen wir nur, dass das Mikrobiom das beeinflusst. Inwiefern wir eingreifen können, ist eine andere Frage. Das Mikrobiom als komplexes Ökosystem versucht ja erst einmal, so zu bleiben, wie es ist. Es ist sehr schwierig, das zu verändern. Das Mikrobiom ist ein Super-Organismus, der extrem dicht mit unserem Organismus vernetzt ist. Um die Komplexität dieser Veränderungen begreifen zu können, brauchen wir Bio-Informatiker. Das funktioniert nicht mehr alleine mit Versuch und Beobachtung.

Also ist das ein sehr komplexes Forschungsfeld?

Prof. Erhardt: Ja, aber ein sehr aufstrebendes. Die wissenschaftliche Forschung dazu explodiert geradezu. Wir haben etwa wunderbare Daten dazu, welche Rolle Ernährung dabei spielt. Es gibt Untersuchungen, dass man durch den Transfer von Mikrobiom eines übergewichtigen Menschen auf eine dünne Person diese auch übergewichtig machen kann. Andersherum funktioniert das leider nicht so gut.

Gibt es schon Anwendungen aus diesen Erkenntnissen?

Prof. Erhardt: Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen können Stuhltransplantationen die Krankheit heilen. Dazu gibt es randomisierte Studien, die das klar beweisen. Das Mikrobiom beeinflusst auch die Wirksamkeit unserer neuen Chemotherapien. Es gab ja 2018 den Nobelpreis für die so genannten Checkpoint-Inhibitoren. Diese Substanzen aktivieren unsere Immunzellen, die von den Tumorzellen herunterreguliert werden. Es gibt spannende Daten, dass das Mikrobiom diese Immun-Antwort wiederherstellen kann. Das heißt, mit einem „gesunden“ Mikrobiom überleben Sie länger mit Krebs. Das könnte eine Revolution geben für die Onkologie. Aber die Entwicklung solcher biologischer Arzneimittel ist extrem schwierig.

Hat das Mikrobiom auch Einfluss auf unsere Psyche?

Prof. Erhardt: Beim Menschen ist das nicht so einfach festzustellen. Bei Mäusen gibt es viel mehr Daten. Es gibt auf jeden Fall Zusammenhänge – aber bisher keine kausalen Verbindungen. Und die Verbindung funktioniert in beide Richtungen. Unsere Stimmung verändert auch unsere Darmflora.

Woran forschen Sie persönlich?

Prof. Erhardt: Wir kommen von der klinisch-praktischen Seite und haben Mikrobiom transferiert. Dadurch konnten wir zeigen, dass der Mikrobiomtransfer bei Antibiotika-assoziierten Infektionen mit dem Bakterium Clostridium difficile wirksam ist. Wir forschen auch viel an der Methodik – an der Sicherheit, an der Art, wie man den Mikrobiom-Transfer gestaltet, ob über eine Kapsel oder als klassische Transplantation.

Eltern müssen die Nutzung steuern

Sie zocken stundenlang an ihren Spielekonsolen, sind mit dem Handy rund um die Uhr online, dürfen keinen Post auf Instagram & Co. verpassen – unsere Kinder und Jugendlichen befinden sich heute oft mehr in der virtuellen als in der realen Welt. InForm hat darüber mit Markus Stankewitz, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie im Medizinischen Versorgungszentrum MVZ Rur des Krankenhauses Düren, gesprochen, siehe Seiten 12 und 13. Weiterlesen