Jetzt flimmert er wieder über die Mattscheibe, kraxelt an Häuserwänden und grinst tausendfach aus den Supermarktregalen,
ein übergewichtiger älterer Herr mit weißem Rauschebart, roter Zipfelmütze und dem Gesicht einer Schnapsdrossel. Bekannt und nicht überall beliebt unter dem Namen: Weihnachtsmann.
Coca-Cola, weltweit operierender Konzern zur Verbreitung amerikanischen Lifestyles, schreibt sich auf die Fahnen, diese Wohlstandsfigur erfunden zu haben. Richtig ist, dass der Zeichner Haddon Sundbloom im Jahr 1931 den trinkfreudigen Herrn in rot-weißer Robe für die Cola-Company ins Papierleben rief. Doch bereits 1862 hatte der Cartoonist Thomas Nest den Weihnachtsmann für Harpers Weekly schon einmal mit Rauschebart und Rute entworfen.
In den 20er Jahren setzte sich dann das rote Gewand mit weißem Kunstpelz als Berufskleidung des Weihnachtsmannes durch. Wahrscheinlich haben Coca-Colas Werbefeldzüge zur weltweiten, epidemieartigen Verbreitung des dicken Herrn beigetragen. Und auch dafür gesorgt, dass der Cola-Weihnachtsmann heute irgendwie als Vater aller Weihnachtsmann-Klone gilt.
An Bord holländischer Windjammer war einst der Vorfahr des Weihnachtsmannes ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten gelangt. Dort wurde aus „Sinter Claas“ bald ein amerikanischer Santa Claus. Und weil Sinter Claas im heimischen Holland den Kindern die Geschenke gebracht hatte (und nicht das Christkind), übernahm Santa Claus diesen Job auch in america.
Nur leider widerfuhr ihm bei allem Cola-Trinken, im Rentier-Schlitten herumsausen und Geschenke durch den Kamin schmeißen eine Persönlichkeitsspaltung und er vergaß ganz, dass er eigentlich einmal Bischof von Myra gewesen war, ein Heiliger, um dessen Güte sich viele Legenden rankten.
Reimportiert ins gute alte Europa zum Ende des 20. Jahrhunderts – diesmal per Flugzeug – traf Mr. Weihnachtsmann vor allem in Deutschland auf willige Werbestrategen. Während sich die Belgier und Niederländer ihren Sankt Nikolaus konkurrenzfrei halten, lassen die Deutschen Häuserwände und Süßwarenregale begeistert von Weihnachtsmännern bevölkern.
Alle? Nein, nicht alle, denn überall im Land haben sich Aufständische formiert. Mit dem Slogan „Mein Name ist Nikolaus, Sankt Nikolaus“ ziehen sie im schwäbischen Raum gegen den verkitschten, dickbäuchigen Weihnachtsmann ins Feld. Mit dem Aufkleber „Weihnachtsmannfreie Zone“ wirbt das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken für Achtsamkeit im Umgang mit St. Nikolaus. Und in Süddeutschland hat sich sogar der „Verein zur Vertreibung des Weihnachtsmannes aus Bayern“ gegründet.
Im nordwestdeutschen Raum ist ein Zusammenschluss aller Nikolausfreunde unter der Überschrift: “Nikolaus komm in unser Haus” entstanden. Unter Federführung des BDKJ in der Stadt Köln vernetzten sich Nikolausinitiativen und Freunde zu einem Nikolaus-Bündnis.
Mit einer kleinen Armee von Schoko-Nikoläusen unterstützt beispielsweise das Fair-Handelshaus gepa in Wuppertal den Feldzug gegen die Weihnachtsmänner. Die Nachfrage, gerade von Großeltern, die bewußt einen St. Nikolaus und keinen Weihnachtsmann verschenken wollen, ist groß. Im letzten Jahren wurden rund 370.000 Schokobischöfe in den Weltläden angeboten. Erkennbar ist St. Nikolaus immer an seiner Bischofsmütze und seinem Bischofsstab.